Wer sind die Brambrillas

WIR SCHREIBEN KINDERGESCHICHTEN UND DENKEN UNS IMMER WIEDER ETWAS NEUES AUS. WIR ZEICHNEN UND FOTOGRAFIEREN. MAL ZUSAMMEN, MAL JEDE FÜR SICH. BASTELN, FILOSOFIEREN UND KOCHEN TUN WIR AUCH GERNE. WIR MÖGEN TIERE UND DAS MEER. DIE NATUR LIEGT UNS AM HERZEN UND DIE FREUDE DARAN WOLLEN WIR MIT EUCH TEILEN.

28. April 2015

Die Geschichte des alten Fischers Yanni, der den Horizont besuchen wollte - Teil 2

Heute geht's weiter mit Yannis Geschichte. In den Tiefen des Meeres begegnet er ganz aussergewöhnlichen Geschöpfen. Springt mit in die Fluten und seht selbst...


SIRENENZAUBER
Schweinswale, Stundenglasdelphine, Geistermuränen, Hammerhaie, Zipfelseegurken, Spiralröhrenwürmer, Seepferdchen, Langnasen-Büschelbarsche, kurz die ganze internationale maritime Task Force schüttelte bei der wie immer am ersten Montag des Monats stattfindenden Krisensitzung den Kopf, als Octo ihnen von der Begegnung mit Yanni erzählte. 
«Den Horizont besuchen! Wir haben wohl andere Sorgen! Uns geht dank denen dort oben hier unten bald die Luft aus. Die Korallenriffe sind praktisch verschwunden, stattdessen liegt überall Müll rum, die Hälfte unserer Verwandten gibt es nicht mehr und der verschwendet seine Zeit mit so einer sinnlosen Reise!», grummelte ein Seehase.
«Weiss er denn nicht, dass der Horizont unerreichbar ist?», fragte ein Kugelfisch schüchtern. 
«Yanni wird genauso wenig den Horizont erreichen, wie wir den Menschen davon abbringen können, unser Zuhause weiter zu verwüsten!», bemerkte eine Pyjamaschnecke und verkroch sich traurig in ihr Häuschen. 
«Jetzt hört mal auf mit Trübsal blasen! Die Lage ist ernst, aber wir können nicht einfach unsere Köpfe in den Sand stecken! Wir werden schon noch auf eine Lösung kommen. Yanni wird uns helfen, da bin ich mir sicher!», munterte Octo die anderen auf.

Yanni liebte das Leben auf dem Meer, wenn er nicht gerade einen Feriendampfer voller lärmender Touristen kreuzte, die sich respektlos benahmen und ihren Abfall einfach über die Reling warfen. 
«Würdet ihr es mögen, wenn jemand seinen ganzen Müll in eurer Stube entsorgen würde!?», rief er ihnen erzürnt zu. 
Doch die Touristen konnten oder wollten ihn nicht hören und winkten ihm breit grinsend zu. 
Sobald sein Ärger verflogen war, genoss Yanni die friedliche Ruhe. Er staunte über die unzähligen Farben des Meeres und des Himmels. Alles änderte sich ständig. Nur sein Freund, der Horizont ließ Wolken und Gezeiten gelassen an sich vorüberziehen, und umrandete die Welt jeden Tag in einer perfekten Linie. 
«Mehr als vierzigtausend Kilometer ist diese Linie lang. Es gibt keinen Ort auf der Welt, den der Horizont nicht kennt. Stell dir das mal vor, Octo!», philosophierte Yanni mit seinem neuen Freund, der ihm oft Gesellschaft leistete, um über die erstaunliche Vielfalt allen Lebens zu reden, aber auch über die Kurzsichtigkeit der Menschen nachzudenken, die in gewissen Dingen nur bis zur eigenen Nasenspitze dachten und keinen Millimeter weiter. 
«Könnte ich doch wieder jung sein! Ich würde den Leuten mit meinen Geschichten deutlich machen, dass die Natur uns nicht braucht, wir aber sie. Wir benehmen uns wie...wie...» suchte Yanni verärgert nach der richtigen Bezeichnung.
«Wie Menschen eben. Tja, mein lieber Yanni, wenn das Wörtchen wenn nicht wär, gäbs im Meer kein Plastik mehr…», antwortete Octo.
Schweigend beobachteten sie die Sternschnuppen und wünschten sich etwas, in der Hoffnung, es würde in Erfüllung gehen. 
Am nächsten Morgen stellte Yanni sich vor den kleinen Spiegel, um sich zu rasieren und traute seinen Augen nicht. Ungläubig berührte er sein Gesicht. Die Glatze und all seine Falten waren verschwunden. Er war wieder einer junger Mann. Kopfschüttelnd fuhr er sich mit den Händen durchs dichte Haar. Glücklich rannte er an Deck und sprang laut juchzend ins Wasser. Er nahm einen tiefen Atemzug und tauchte unter, schwamm immer tiefer und tiefer. Komischerweise verspürte er gar keinen Drang, wieder an die Wasseroberfläche zu schwimmen, um Luft zu holen. Er zwickte sich ungläubig ins Ohr. Nein, das war kein Traum! Er konnte tatsächlich unter Wasser atmen, so wie ein Embryo im Fruchtwasser. 
«Im Grunde sind wir auch Fische bevor wir auf die Welt kommen!», überlegte Yanni.
Fluoreszierende Quallenschwärme, die aussahen wie kleine Raumschiffe, beäugten ihn skeptisch während er vor Freude auf dem Grund des Meeres Purzelbäume schlug. 
«Was ist denn das für ein komischer Fisch?», fragten sie sich verunsichert, da sie in diesen Tiefen des Meeres noch nie einen Menschen gesehen hatten. 
«Ist der etwa gefährlich?» 
Yanni winkte ihnen zu, doch die Quallen missverstanden seine freundlich gemeinte Geste und brachten sich schnell in Sicherheit.
«Verrückt! Einfach nur verrückt!», dachte Yanni. 
Eine weitere Geschichte, die Sofia Yanni kaum glauben würde.
Yanni schwamm weiter auf ein Korallenriff. Er fühlt sich stark und jung und sah Fischarten, die er noch nie zuvor gesehen hatte, als sich zwischen den Bäumchenkorallen plötzlich etwas bewegte. Täuschte er sich oder hatte er tatsächlich eine Sirene erblickt? Neugierig schwamm er näher heran, konnte jetzt aber ausser ein paar Krebsen nichts entdecken. Er musste wohl geträumt haben. Andererseits schwamm er doch hier wie ein Fisch im Meer herum, eine Sirene mehr oder weniger würde ihn jetzt auch nicht verblüffen. 
Plötzlich kitzelte ihn etwas an den Füßen. Er drehte sich um, hörte aber nur ein leises Kichern. 
«Schaut, das ist der alte Fischer Yanni, der den Horizont besuchen will.» 
«Ach, der arme Tölpel! Weiß er denn nicht, dass man den Horizont nicht erreichen kann?», sprachen die wunderschönen Stimmen durcheinander. 
«Bleib lieber hier bei uns! Du wirst es viel schöner haben!», sangen sie mehrstimmig.
«Ihr lügt! Man darf euch nicht trauen!» 
Wütend wandte sich Yanni ab und schwamm an die Wasseroberfläche zurück. 
Schlecht gelaunt kletterte er wieder auf sein Boot und bemerkte, dass seine Bewegungen immer langsamer wurden und dass er seine alten schmerzenden Knochen wieder spürte. Er eilte unter Deck zum Spiegel und erstarrte vor Schreck. Er war wieder gealtert und sein gefurchtes Gesicht blickte ihm traurig entgegen. 
«Was geschieht bloß mit mir?» 
Erschöpft sank er auf das Kajütenbett, rieb sich seine rissig rauen Fischerhände und sah, dass ihm Schwimmhäute zwischen den Fingern gewachsen waren. 
«Verrückt! Einfach verrückt! Ob ich morgen wohl wieder als junger Mann aufwachen werde?», murmelte er neugierig und schlief beim  sanften Rauschen der Wellen ein. 

HEIMWEH

Als die ersten Sonnenstrahlen durch die Bootsluken drangen, stand der alte Fischer schnell auf, um sich im Spiegel zu betrachten. Tatsächlich blickte ihm im Spiegel der junge Yanni entgegen. Wagemutig sprang Yanni ins Wasser, um sich auf die Suche nach Octo zu machen.
Doch sein Freund war nicht zu finden. Die Wasserströmungen trugen wieder stattdessen den bezaubernden Gesang der Sirenen heran. Hin- und hergerissen überlegte er, ob er zu ihnen schwimmen sollte, um nachzufragen, ob sie ihn nur geneckt oder doch die Wahrheit gesprochen hatten. Er erinnerte sich an all die Geschichten, die man sich von den Fischern erzählte, die sich, angelockt vom Gesang, in eine Sirene verliebt hatten und nie mehr an Land gekommen waren, und entschied sich, einen grossen Bogen um die sagenumwobenen Geschöpfe zu machen.
Rastlos schwamm er durch die Gegend. Statt sich an der Unterwasserwelt zu erfreuen, zerbrach er sich den Kopf darüber, welcher Meeresbewohner ihm sagen konnte, ob und wie man den Horizont erreicht. Er schwamm an einem versunkenen Schiffswrack vorbei und erinnerte sich daran, dass die Sirenen von Cala, der weisen Meeresschildkröte, gesungen hatten, die seit Ewigkeiten in diesen Gewässern lebte und sicher wusste, ob man den Horizont erreichen kann oder nicht. 
Yanni bemerkte, dass ihm das Atmen immer schwerer fiel und schwamm hastig an die Wasseroberfläche. Sein Blut pochte laut in den Ohren. Seine Lungen verlangten nach Luft. Kurz vor knapp erreichte er die Wasseroberfläche. Völlig erschöpft hielt er sich am Boot fest und konnte sich mit letzter Kraft an Bord ziehen. Ihm war es  vorgekommen, als wäre er nur eine Stunde unter Wasser gewesen, aber tatsächlich stand schon der Mond wieder am Himmel.
«Ich muss vorsichtiger sein!», ermahnte er sich, «Und rechtzeitig zurückkehren, sonst werde ich in der Tat den Horizont nie erreichen!» 
Erschöpft legte er sich hin und dachte nach, wie es möglich war, dass er sich über Nacht in den jungen Mann verwandelte, den er vor vielen Jahren gewesen war. Man sagte zwar, dass man mit fortschreitendem Alter wieder zum Kinde wird, aber das war nur eine Redewendung. Dass dies mit ihm wortwörtlich geschehen würde, hätte er niemals für möglich gehalten. Wieder eine Frage, auf die er keine Antwort wusste. Überfragt schüttelt er den Kopf. 
«Jedenfalls hoffe ich, dass der Zauber so lange anhält, bis ich wenigstens weiß, was es mit dem Horizont auf sich hat.»

Am nächsten Morgen zog ein Gewitter heran, aber das schreckte den wieder erneut verjüngten Yanni nicht ab, im Gegenteil. Furchtlos sprang er ins Meer, denn er hatte sich vorgenommen, Cala zu finden. Und was sich der junge Yanni im Gegensatz zum alten in den Kopf setzte, das zog er auch durch, Gewitter hin oder her. 
Das Wasser war kühler als sonst, aber das kümmerte ihn nicht. Je tiefer er schwamm, umso weniger nahm er etwas vom Gewitter wahr. Nur die Seeanemonen auf dem Meeresgrund schwankten leicht hin und her. Yanni legte sich neben sie, während über ihnen der Sturm tobte. 
«Was für eine Ruhe hier unten herrscht! Wäre ich jetzt auf meinem Boot, ich würde ich wohl seekrank werden vor lauter Rauf- und Runterschaukeln!» 
Plötzlich ergriff etwas Yannis Fuß und zog ihn zu sich heran. Yanni erkannte Ottos Tintenfischarme, die sich um seinen Hals schlangen. 
«Octo, lass mich los. Ich bin es, Yanni!» 
«Yanni? Was ist denn mit dir geschehen? Warst du nicht mal älter? Lipame, es tut mir sehr leid!», entschuldigte sich Octo und lockerte den Griff. 
«Ich dachte schon, ich hätte gerade mein Frühstück gefangen.»
«Brauchst du eine Brille oder was?», erzürnte sich Yanni und rieb sich den Hals, der mit roten Saugflecken übersät war. 
«Ja, ich bin schrecklich kurzsichtig und hätte mich schon lange darum kümmern müssen, aber so wie du jetzt ausschaust, hätte ich dich eh nicht erkannt. Und überhaupt, was suchst du hier unten, so ganz ohne Sauerstoffflasche?», fragte Octo, um das Thema zu wechseln. 
«Das ist eine lange Geschichte. Die Sirenen haben mich verspottet und gesagt, dass man den Horizont nicht erreichen kann. Stimmt das?»
Octo blickte betreten weg bevor er schließlich nickte. 
«Das stimmt nicht! Die weise Schildkröte wird mich nicht anlügen!», ereiferte sich Yanni.
«Yanni, glaub mir! Ich bin doch dein Freund. Den Horizont kann niemand erreichen. Mit jedem Schritt, den wir auf ihn zu machen, macht er einen Schritt von uns weg. Ich wollte dich nicht enttäuschen. Und ausserdem wärst du dann wieder nach Hause gefahren und ich... ich hätte einen Freund verloren.» 
«Freund nennst du das?!», erwiderte Yanni aufgebracht. «Du hättest mich beinahe erwürgt!» 
«Ich hab mich doch schon entschuldigt! Du kannst aber auch stur wie ein Esel sein! Cala ist keine Frühaufsteherin. Sie schläft noch. Du musst dich also noch etwas gedulden», erklärte Octo, bevor er sich schmollend auf den Weg machte. 
Yanni setzte sich enttäuscht hin und betrachtete einen blau leuchtenden Seestern. Sein Vater hatte ihm früher erzählt, dass Sternschnuppen zu Seesternen werden, wenn sie ins Meer fallen. Er hatte sich das als kleiner Junge immer vorzustellen versucht und musste nun feststellen, dass das auf seine eigene Art tatsächlich so war. Die Erinnerungen an sein altes Leben machten Yanni etwas wehmütig. Zum ersten Mal seit Tagen vermisste er seine Insel, seine störrische Ziege und Sofia. 
«Vielleicht sollte ich wieder zurückkehren bevor sich die Kleine Sorgen macht», überlegte Yanni, während er mit seinen Zehen im Meeresgrund wühlte und kleine Sandstürme erzeugte. 

© Text und Zeichnungen Brambrilla 2015 / Daniela und Isabella Cianciarulo

18. April 2015

Die Geschichte des alten Fischers Yanni, der den Horizont besuchen wollte - Teil 1

Hallo zusammen
Heute stellen wir euch unseren Freund Yanni vor. Er lebt als Fischer auf einer griechischen Insel und ist schon ziemlich alt. Vieles hat er bereits gesehen, aber das, was er auf seiner Reise zum Horizont erleben wird, das übertrifft alles. Heute macht er sich auf den Weg und nimmt euch gerne die nächsten Wochen mit. Also hisst mit ihm das Segel und entdeckt, wie wundersam die Welt ist...


YANNI MACHT SICH AUF DEN WEG
Die Sonne ging am Horizont unter und tauchte das Meer in schimmerndes Gold. Wie immer um diese Zeit saß der alte Fischer Yanni vor seinem weiß gekalkten Haus und flickte bedächtig sein Fischernetz, während aus der Bar nebenan laute Musik wummerte. 
Yanni war froh darüber, dass sein Gehör mit den Jahren schlechter geworden war und er nur noch bestimmte Geräusche wahrnahm, wie den beruhigenden Wellenschlag des Meeres oder das aufgeregte Kreischen der Möwen. 
Die Zeiten hatten sich geändert. Immer häufiger kehrte er mit praktisch leerem Netz an Land zurück. Die vielen Fischerkutten hatten jahrelang mit ihren Treibnetzen das Meer fast leer gefischt und den Fischen keine Zeit gelassen, für Nachwuchs zu sorgen.
«Spiegeleiqualle, Stachelmakrele, Hornhecht, Seewolf», versuchte sich Yanni an all die Meeresbewohner zu erinnern, die er als Junge beim Schnorcheln vor der Küste seiner Insel gesehen hatte. Er legte sein Netz beiseite, rieb sich die müden Augen und blickte nachdenklich auf den Horizont.
«Kalispera, Yanni. Von welchem Meeresbewohner erzählst du mir heute?», fragte das Nachbarmädchen Sofia neugierig und setzte sich neben Yanni. 
Yanni liess den Blick übers Meer gleiten.
«Heute werde ich dir keine Geschichte erzählen, meine Kleine. Ich muss schlafen gehen, denn morgen gehe ich auf eine weite Reise.» 
«Eine weite Reise?», fragte das Mädchen erstaunt. «Aber bist du nicht schon zu alt dafür?»
Yanni musste über Sofias ehrliche Art lachen und fuhr mit der Hand über ihr sonnengebleichtes Haar. 
«Man ist nie zu alt, um einen guten Freund zu besuchen», antwortete er. 
Die Hände auf die Knie stützend stand Yanni langsam auf und trat in sein Haus. Nachdenklich blieb Sofia vor dem Haus sitzen bis der alte Fischer das Licht in seinem Zimmer ausmachte. Wer würde ihr nun in der Zwischenzeit all die schönen Geschichten erzählen?

Mit einem Lächeln auf dem Gesicht lag Yanni in seinem Bett und träumte von längst vergangenen Zeiten, als er noch ein Junge war und im Sommer am Strand arbeitete, wo er die Tagesmieten für die Sonnenschirme bei den Touristen einsammelte, um für ein Fahrrad zu sparen. Er hörte wieder das ungeduldige Rufen seiner Mutter, das er damals überhörte, um abends länger mit seinen Freunden spielen zu können. Und er sah das wettergegerbte Gesicht seines Vaters vor sich, wie er ihm beim Flicken des Netzes von den Geheimnissen des Meeres und seinem guten Freund, dem Horizont, erzählte. 

Als Yanni am nächsten Morgen aufwachte, streckte er sich wohlig und legte sich die Hand aufs Herz. 
«Es schlägt noch», murmelte er dankbar und begann, das Nötigste für seine Reise einzupacken. Dann setzte er seinen Strohhut auf und lichtete den Anker seines kleinen Fischerbootes. 
Etwas später kam Sofia auf dem Weg zum Strand an Yannis Haus vorbei und entdeckte eine Nachricht, die er an der blau gestrichenen Holztür hinterlassen hatte.
«Liebe Sofia. Ich werde in ein paar Tagen zurück sein. Bitte füttere während meiner Abwesenheit Athina. Yanni.» 
Bald wussten alle Dorfbewohner von Yannis plötzlicher Abreise. Jeder sprach davon, sogar Nikos, der Bäcker, der sonst lieber schwieg und sich neue Kuchenrezepte ausdachte. 
«Ich hab kein gutes Gefühl, gar kein gutes Gefühl!», murmelte er und reichte Sofia eine ofenwarme mit Nüssen gefüllte Blätterteigrolle, bevor er wieder in seiner Backstube verschwand.
Schon nach kurzer Zeit vermisste Sofia den alten Fischer. Jeden Abend hielt sie Ausschau nach seinem Boot, während Athina, Yannis störrische Ziege, an den Möhren knabberte, die Sofia ihr vorbeibrachte. 
Der Sommer und der Herbst zogen vorüber. Die Touristen verließen einer nach dem anderen die kleine Insel, aber Yanni kam nicht von seiner Reise zurück. Bald dachten die Dorfbewohner, dass der alte Mann wohl für immer gegangen, vielleicht sogar gestorben war. Nur Sofia war überzeugt, dass er eines Tages wieder quicklebendig zurückkommen und ihr vom Besuch bei seinem Freund erzählen würde. 

OCTO, DIE RIESENKRAKE
Die Tage wurden kürzer. Der Strand gehörte wieder nur den Möwen, die kreischend auf den Wogen des Windes trieben. Der Winter brachte so viel Schnee wie noch nie zuvor und ließ langsam die Erinnerung an Yanni schwinden. Keiner der anderen Dorffischer war ihm auf hoher See begegnet. Man hatte sich schweren Herzens mit der Vorstellung abgefunden, dass er wohl nie mehr zurückkehren und die Abende mit seinen wundersamen Meeresgeschichten verkürzen würde. 
Aber Yanni war nicht, wie alle glaubten, gestorben. Ganz und gar nicht. Er war immer noch auf dem Weg zum Horizont. Eine Insel nach der anderen war am alten Mann vorübergezogen. Ebbe war auf Flut gefolgt. Flut auf Ebbe. Der Mond hatte zu- und dann wieder abgenommen. Die Sicht war manchmal trüb gewesen, dann wieder sternenklar. Ein Tag hatte sich an den anderen gereiht, bis Yanni mutterseelenallein mitten in den Weiten des Meeres gelandet war. Nur der Horizont leistete ihm Gesellschaft.
«Jasu, mein Freund. Nun bin ich doch schon ein paar Tage unterwegs, und immer, wenn ich glaube, ich bin jetzt bald vor deiner Haustür, muss ich feststellen, dass du wieder ans Ende der Welt gerückt bist. Führst du mich vielleicht an der Nase rum?», murmelte Yanni und blickte auf die feine Linie zwischen Meer und Himmel, auf der gerade die feuerrote Abendsonne ins Meer tauchte. 
Plötzlich blubberte es seltsam neben Yannis Boot. Neugierig beugte er sich über den Bootsrand und erblickte unzählige Luftblasen, die an die Wasseroberfläche stiegen. 
«Was wird das denn wieder sein?», fragte sich der alte Fischer.
Er hatte nämlich schon einige Dinge aus dem Meer gefischt, die da nicht hingehörten: rostige Fahrräder, kaputte Fernsehgeräte, Autoreifen und unzählige Plastikflaschen. Einmal war er sogar auf ein Fass mit einer grünen Flüssigkeit gestossen, die schrecklich stank und auf der Haut brannte. So etwas konnte nicht gesund sein. Weder für die Tiere noch für die Menschen. Aber was konnte er schon alleine dagegen anrichten?
Yanni kniff seine Augen zusammen, um erkennen zu können, was in seinem Netz gelandet war, als zwei riesige, glitschige Tintenfischarme aus dem Wasser schnellten und sich am Boot festsaugten. 
Erschrocken wich Yanni zurück. Das Blubbern wurde immer stärker, schließlich ragte auch der Kopf des Tintenfisches aus dem Wasser. Vergnügt betrachtete er den alten Fischer mit seinen glubschigen Augen und schlug mit den restlichen Tentakeln auf die Wasseroberfläche. 
«Willst du wohl aufhören!», rief Yanni aus und wischte sich das brennende Salzwasser aus den Augen. 
Octo, der Tintenfisch, lachte amüsiert. 
«Na, alter Yanni! Immer noch nicht den Horizont erreicht?», fragte er freundlich. 
«Woher kennst du meinen Namen? Und wieso können wir miteinander sprechen?», fragte Yanni erschrocken.
«Ach, das ist doch nicht wichtig!», antwortete der Tintenfisch. «Viel wichtiger ist, wie du dein Ziel erreichen kannst», erklärte die Riesenkrake. 
«Du weißt, wie ich den Horizont erreichen kann?», wollte Yanni aufgeregt wissen. 
«Gewiss, mein Freund, gewiss. Aber die Frage ist, ob der Horizont will, dass ich dir das verrate. Er hat doch Freunde auf der ganzen Welt. Stell Dir mal vor, die würden ihm alle auf einmal einen Besuch abstatten wollen», sagte Octo schmunzelnd und benetzte sich die ausgetrocknete Stirn. 
Yanni setzte sich hin und überlegte kurz. 
«Daran habe ich gar nicht gedacht.» 
«Ja, so ist das mit den Menschen. Man muss euch ab und zu auf die Sprünge helfen», neckte ihn Octo und bespritzte ihn wieder. 
Yanni gab ihm lachend recht und leckte sich das salzige Wasser von den Lippen. 
«Es wäre wohl höflicher, wenn jemand ihm sagen würde, dass ich auf dem Weg zu ihm bin. Könntest nicht du vielleicht...?», fragte er den Tintenfisch. 
«Gerne, Yanni! Und du machst in der Zwischenzeit nichts, was ich nicht auch machen würde. Kali nichta und schlaf gut», verabschiedete sich Octo mit einem Augenzwinkern und verschwand blubbernd in den dunklen Fluten. 
Yanni legte sich hin und dachte über die einzigartige Begegnung mit Octo nach. Diese Geschichte würde ihm bei seiner Rückkehr wirklich niemand glauben.

© Text und Zeichnungen Brambrilla 2015 / Daniela und Isabella Cianciarulo

5. April 2015

Frohe Ostern


Geniesst die Tage, freut euch mit euren Lieben und macht nur, was euch Spass macht! Bis bald, eure Brambrillas!

1. April 2015

Ostergrüsse

Die schönsten Grüsse kommen von Herzen. 


Diese Eier aus Papier sind schnell gemacht und können als Postkarten oder als Mobiles - an einem Frühlingsast aufgehängt - Osterstimmung verbreiten. Faltet das Tonpapier einmal der Länge nach zur Hälfte zusammen. Ihr könnt unsere Schwarz-Weiss Vorlage nehmen und so auf das Papier legen, dass die gerade Seite der Vorlage genau auf der Falzkante des Tonpapiers liegt. Ihr könnt die Vorlage mit zwei Briefklammern befestigen. Dann den Eiumriss und die Formen aus dem doppelt liegenden Tonpapier mit der Schere ausschneiden. Ihr könnt aber auch selbst eure Muster kreieren. Mit dem Locher zuletzt noch die Kreise ausstanzen und schon seid ihr fertig. Wenn ihr schon volles Programm habt und nur noch wenig Zeit, dann könnt ihr unser Bild  auf dickerem Papier ausprinten, in der Mitte leicht falzen und mit euren Grüssen versehen. 
Habt Spass!